◊ Rüde oder Hündin ?

Es ist leider nicht möglich, grundlegende charakterliche Unterschiede aufzulisten, die hundertprozentig geschlechtsbezogen wären. Viele Eigenschaften sind bei Rüden und Hündinnen verschieden stark ausgeprägt, obwohl man dies auch nicht wieder auf die ganze Bandbreite der Hunderassen auslegen kann.

Es wird oft behauptet, dass Rüden in ihrem Auftreten bestimmter und selbstbewusster sind und Hündinnen hingegen seien sanfter, familienbezogener und anhänglicher. Das stimmt jedoch nicht, denn nicht jeder Hund, unterschiedlicher Rassen, ist gleich!
Rüden sind sensibeler und verschmuster, dafür ist die Hündin oftmals sehr zickig.
Es kommt aber auch auf die Eltern des Welpen an und ob der Welpe von einem seriösen Züchter kommt, der ihn in den ersten Wochen bestens geprägt und sozialisiert hat.

Laut der Zeitschrift "Der Hund" wird das spätere Verhalten eines Hundes schon im Mutterleib durch hormonelle Schübe deutlich beeinflusst. Die vorgeburtliche Testosteronproduktion in den Hoden von männlichen Föten bestimmt die Ausbildung der äußeren Geschlechtsteile und Körpermerkmale. Dazu gehören unter anderem das Fell und ein maskuliner Körperbau. Diese pränatalen Abläufe stimulieren auch bestimmte Hirnregionen, die die Tendenz zu typisch männlichem Verhalten steigern.

Hündinnen produzieren zwar ebenfalls männliche Sexualhormone, jedoch so wenig, dass sie sich nicht "männlich auswirken können". Trotzdem sind ihre Zellen empfänglich für Testosteron, wodurch es eine Rolle für die Wesensentwicklung einer Hündin spielen kann, ob im Mutterleib Brüder oder Schwestern neben ihr liegen.

Das Wesen eines Hundes wird zusätzlich durch neurophysiologische Prozesse und die Produktivität der verschiedenen Hormondrüsen im Körper gesteuert. Aktivität von Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse und Co. entscheiden so maßgeblich über die Handlungsbereitschaft unserer Vierbeiner.

Ein ebenfalls wichtiger Faktor ist das Verhalten der Mutter: Kümmert sie sich intensiv um ihren Nachwuchs, wirkt sich dies positiv auf das Emotionszentrum im Gehirn der Welpen aus. Es kommen kaum Stressauslösende Impulse zustande, wodurch der Hund in seiner weiteren Entwicklung gelassener sein wird und weniger häufig an stressbedingten Krankheiten leidet. Frühförderung und Sozialisierung tun dann ihr übriges zu einem ausgeglichenen Hund.

Im Verhalten zu anderen Hunden kann es bei Rüden genauso zu Rauferein kommen, wie bei Hündinnen. Bei den Rüden hingegen, gehen sie allerdings glimpflich aus. Kommt es bei den weiblichen Vertretern zu Meinungsverschiedenheiten, sieht die Situation schon anders aus und kann oftmals böse enden. Obwohl man auch hier nicht pauschalisieren kann, meistens sind die Halter selbst es, die eine normale Rauferei durch ihr Eingreifen und Verhalten noch dramatischer enden lassen.

Der zukünftige Hund ist Teil der Freizeitaktivität seines Führers, und somit ist auch dessen Ausbildung zum brauchbaren Gefährten für die meisten nur zwischen Beruf und Familie machbar. Mit der Vorgabe "Mein Hund muss ja kein Profi werden", wird oftmals der Weg des geringsten Widerstandes gesucht - der Aberglaube, eine Hündin sei leichtführiger, wird dann schnell kaufentscheidend.

Wer sich für eine Hündin entscheidet, muss auch mit den Gefühlsschwankungen der "Diven" leben.
Zweimal im Jahr wird sie normalerweise läufig. Dabei kann es schon in der Vorhitze (Proötrus), die zwischen einer und zwei Wochen dauert, zu Problemen kommen. Nicht nur das sich das Wesen verändern kann und sie ungehorsam und zickig wird, in dieser Zeit scheidet sie bereits blutiges Sekret aus, das die männlichen Vierläufer anlockt. Hausbesuche aus der Nachbarschaft sind dann tägliches Brot, und auch während den Spaziergängen kann es sein, dass die Rüden sich plötzlich nur noch für die Fährte eine läufigen Hündin interessiert. Was sich bei der Hündin aber auch ändert, wenn sie in die Standhitze (11.-16. Tag der Hitze) kommt, denn dann macht auch sie sich selbstständig und geht auf die Suche nach einen paarungsbereiten Rüden.

Als Hundeführer kann man also damit rechnen, dass eine Hündin zweimal im Jahr für etwa sechs Wochen "ausfällt". Wie gravierend dies ist, muss aber jeder Hundeführer für sich entscheiden.

Hormonbehandlungen, die eine Läufigkeit unterdrücken, können mit einer Reihe von Begleiterscheinungen wie Haar- und Haut- oder sogar Gebärmutterveränderungen einhergehen. Viele neigen daher dazu, ihre Hündin kastrieren zulassen, was auch wieder mit hohen Kosten (ca. 400€) verbunden ist. Damit ist das Problem der Hitze zwar gelöst, wobei auch hier viele Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen sind. Nach einer Untersuchung neigen etwa 20 Prozent nach einer Kastration dazu, aufmerksamer oder auch verspielter zu sein (Heidenberger). Zirka ein Drittel zeigte sich dagegen eher territorial und aggressiv. Was sich bei der Hündin nach der Kastration durchsetzt oder ob keine Veränderung eintritt, kann niemand vorhersagen.

Viele Menschen ziehen sich Einzelbeispiele für "gute/ schlechte Hunde" aus ihrem Bekanntenkreis heran. Hat ein spezieller Hund einen guten Eindruck hinterlassen, heißt es dann: "So einen will ich auch haben!", hat er dagegen einen schlechten Eindruck hinterlassen, wird sofort klargestellt: "So einen will ich nie haben!". Damit ist die Entscheidung für Rasse und Geschlecht gefallen. Wie viel bzw. wenig Arbeit der Hundeführer in diesen einen Hund - Rüde oder Hündin - investiert hat wird außer Acht gelassen. Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit größer, bei einem seriösen Züchter aus einer Linie ähnlich wesenfeste und gute Hunde zu bekommen. Aber es ist eine rechnerische Größe, dass etwa Ängstlichkeit oder auch Aggressivität vererblich sind. Allerdings gibt es keine wissenschaftliche Untersuchung, dass das eine Merkmal (Ängstlichkeit) nur auf Töchter und das andere (Aggressivität) nur auf die Söhne weiter gegeben wird.

Rüde oder Hündin, beide sind von der Größe und körperlichen Ausstattung ziemlich gleich. Letztlich ist Rasse, Farbe und Geschlecht und oft eine Frage des Geschmacks. Wer lieber eine Hündin führt als einen Rüden, dem muss dies genauso überlassen werden, wie die "Fell-Frage", ob ich lieber einen schwazren, roten oder gemerlten Hund am Strick habe.

Ob man nun aus der Entscheidung für einen Rüden oder eine Hündin eine Gretchenfrage machen muss, sollten angehende Welpenbesitzer für sich entscheiden. Die landläufige Meinung, dass Hündinnen leichtführiger seien oder Rüden dominanter, kann kaum ein Züchter guten Gewissens bejahen. Das Individuum, für das sich der Mensch über einen relativ langen Lebensabschnitt von ca. 15 Jahren entscheidet, sollte vor allem zu seinem eigenen Wesenpassen. So ist es vielleicht ratsam, sich als Interessent vielleicht nicht unbedingt auf das Geschlecht zu versteifen, sondern sich öfter im Welpenauslauf umzuschauen. Welcher kernig ist, wer als erster zum Begrüßen kommt oder wie verspielt der einzelne Hund ist. Dabei sollte der Welpenanwärter kritischen Fragen des Züchters im Hinblick auf Einsatzzweck des Hundes nicht ablehnend gegenüberstehen. Ein seriöser Züchter versucht damit herauszufinden, welcher am besten zu einem passt - egal ob Rüde oder Hündin.


Fazit: Bezüglich des Geschlechtes gibt es meines Erachtens weder eine richtige noch falsche Wahl. Man muss halt mit den Konsequenzen des jeweiligen Geschlechtes klarkommen. Wenn Sie Ihren Hund von Anfang an mit liebevoller Konsequenz erziehen, sollte die Wahl ob Rüde oder Hündin keine Bedeutung für das Zusammenleben mit Ihrem Hund haben.
Es können keine pauschalen geschlechtsspezifischen Vor- oder Nachteile genannt werden, denn das Verhalten eines Hundes ist - wie beim Menschen auch - Charakter- sowie Erziehungsfrage.

Das Rüden im Gegensatz zu Hündinnen alles markieren, ist auch nur ein Gerücht und bei Rüden teils auch eine Frage der Erziehung. Hündinnen markieren oft genauso oder sogar nich schlimmer als Rüden... wenn man sie lässt.

Tipp: Besucht den Wurf, in dem ihr euch einen Welpen ausgeguckt habt und beschäftigt euch intensiv mit eurem zukünftigen Rudelmitglied und seinen Eltern. Ihr werdet schnell merken, ob der Welpe zu euch passt. Und wer weiß, vielleicht überzeugt euch auch das andere Geschlecht. Denn auf Klischees kann man sich bei Mann und Frau schließlich niemals verlassen.